Die Rolle von Parteien in der Kommunalpolitik

Veröffentlicht am 09.03.2023 in Ortsverein
 

Die Rolle von Parteien in der Kommunalpolitik

In letzter Zeit habe ich mich gefragt, ob eine Parteienzugehörigkeit auf kommunaler Ebene sinnvoll ist. Die Mitgliederzahlen sind stark rückläufig und beim Durchschauen der Beschlüsse unseres Gemeinderats des letzten Jahres ist mir kaum eine Abstimmung aufgefallen, die nicht ein- stimmig war. Macht es für mich noch Sinn in einer Partei zu sein?

Das mit der Einstimmigkeit ließ sich schnell klären. In BaWü herrscht auf kommunaler Ebene eine sogenannte Konkordanzdemokratie. Bedeutet: unser direkt gewählter Bürgermeister hat eine starke Stellung und ein „Parteienstreit“ in der Verwaltung ist deutlich reduziert. Das macht insofern auch Sinn, da der rechtliche Spielraum der Gemeindeverwaltung im Vergleich zur Bundes- oder Landespolitik ziemlich eng ist. Wen es genauer interessiert, sei der Artikel der bpb „Parteien in der Kommunalpolitik“ (tinyurl.com/swdn3nae) ans Herz gelegt. Es ist also nicht so, dass keine parteipolitischen Vorstellungen unter Gemeinderäten existieren, sie werden nur überwunden, um eine funktionale Verwaltung der Gemeinde zu gewährleisten. Die einstimmigen Ergebnisse zeigen, dass es keine unüberwindbaren Gräben gibt. Für mich hört sich das eigentlich ganz gut an: Einen Standpunkt nach außen zu haben, den ich mit meiner Parteizugehörigkeit auch signalisiere, ohne dabei auf eine sachdienliche Kompromissfähigkeit zu verzichten. Insofern zeigt mir die Realität, dass eine Partei- zugehörigkeit nicht zu einer dysfunktionalen Gemeindeverwaltung führt.

Gleichzeitig ist der Gemeinderat auch wichtig für die Par- teien. Menschen können hier erste Erfahrungen machen und Gremienarbeit kennenlernen. Die Kommunalpolitik ist der Grundstock für die Rekrutierung von Berufspolitikern in Landes- und Bundesparlamenten. Und spätestens ab dieser Stelle gibt eine Parteizugehörigkeit dem Wähler die Möglichkeit einer Orientierung, wenn persönliche Bekanntschaften nicht mehr ausschlaggebend für die Stimmabgabe sind.

Bleibt der Blick auf die fallenden Mitgliederzahlen der Parteien. Wenn ich parteilos werde, gewinne ich an Individualität und bin vielleicht unabhängiger. Nur was ist der Preis dafür? Im Parteiverbund habe ich bisher eine offene Gemeinschaft erfahren. Trotz erst frisch in Heddesheim zu sein, war ich im Vorstand des Ortsvereins willkommen. Alle Sitzungen sind öffentlich und transparent. Das hat mir direkt imponiert und möchte es nicht aufgeben. Für mich ist es eine positive Erfahrung mit Menschen zu interagieren, von denen ich weiß wie sie denken und sich öffentlich positionieren.

Ich habe ein Gefühl dafür, was meine ParteigenossInnen antreibt; sie sind aufgrund ihrer Ideale und Vorstellung wenig anfällig für Opportunismus. Also schafft für mich die öffentliche Zurschaustellung von Interessen und Positionen Klarheit. Deshalb werde ich mich nicht von dem Trend der Parteilosigkeit einfangen lassen und ziehe für mich den Schluss, dass eine Parteizugehörigkeit ein wertvolles Gut ist.

Jens Hagenow